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Kohl wird Kanzler
- 1982 wurde Helmut Kohl Bundeskanzler. Er
leitete die bürgerliche[1]
CDU („Christlich- demokratische Union“), neben der sozialdemokratischen
SPD eine der beiden großen Parteien der Bundesrepublik. Zusammen mit der
kleineren liberalen[2]
FDP bildete er die neue Regierung. Er löste damit die vorherige
SPD-Regierung ab.
- Kohl gehört zu den großen deutschen und
europäischen Politikern. Er hat 1989 im richtigen Augenblick gehandelt
und damit die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht. Und er hat die
europäische Einigung, den Zusammenschluss der europäischen Staaten zur
„Europäischen Union“ (EU), stark gefördert. Obwohl die Widerstände im
deutschen Volk teilweise recht groß waren, hat er Deutschland besonders
in den 90er Jahren immer mehr in die Europäische Union hineingeführt.
- Kohl war ein weltoffener katholischer Christ.
Er konnte warten, bis der richtige Augenblick zum Handeln gekommen war.
Seine politischen Gegner in Deutschland (SPD und Intellektuelle[3])
haben ihn oft unterschätzt und verspottet. Aber er hat sich immer wieder
gegen sie durchgesetzt. Er war 16 Jahre lang Bundeskanzler, länger als
jeder andere, auch länger als Adenauer. Nur Bismarck (1871-88) war etwas
länger als Kohl deutscher Kanzler.
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Wirtschaft und Raketen-Aufrüstung
- Unter der neuen Regierung ging es der
Wirtschaft wieder etwas besser. Die hohen Schulden des Staats wurden
etwas verringert. Die Inflation[4]
ging zurück. Der allgemeine Wohlstand stieg weiterhin an, aber die Zahl
der Arbeitslosen nahm zu.
- Die Kohl-Regierung war dafür, dass die USA
Raketen mit Atombomben nach Deutschland und Europa brachten, denn
Russland lagerte immer mehr solcher Raketen in Osteuropa und bedrohte
damit Westeuropa. Die SPD und die neue Partei der „Grünen“ bekämpften
die Lagerung dieser Raketen in Deutschland erbittert[5]
mit großen Demonstrationen. Aber die Kohl-Regierung hielt an Amerika und
der NATO fest und erlaubte die Lagerung. Und das war richtig, denn neben
anderen Gründen brach insbesondere dadurch einige Jahre später der
Kommunismus in Russland zusammen.
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Die Grünen kommen
- Durch das Wachsen der Industrie und den
zunehmenden Wohlstand wurde, wie überall, so auch in Deutschland die
Natur immer mehr vergiftet und zerstört. Dagegen erhob sich in den 80er
Jahren die Protestbewegung der „Grünen“ (grün, weil sie sich für die
Natur einsetzten). Deshalb gibt es heute in Deutschland neben den beiden
großen Parteien SPD und CDU und der kleineren FDP noch die Grünen als
vierte kleinere Partei.
- Die Grünen fordern überall zum Schutz der
Natur Beschränkungen für die Industrie. Sie würden deshalb wegen ihrer
Gefährlichkeit am liebsten alle Atomkraftwerke sofort stilllegen. Dafür
soll Energie aus anderen Quellen (Kohle, Sonne, Wasser) gewonnen werden.
Sie sind auch Pazifisten[6].
Sie würden gern auf alle Soldaten verzichten und die Polizei stark
verkleinern.
- Manche Forderungen der Grünen sind berechtigt.
So muss die Natur stärker geschützt werden, aber in vielem übertreiben
sie auch. Denn wenn man die Industrie durch Verbote zu stark behindert,
werden ihre Erzeugnisse zu teuer und viele Arbeitsplätze gehen verloren.
Außerdem kann die Bundesrepublik Deutschland kaum auf alle Soldaten
verzichten, wenn sie einen ihrer Größe entsprechenden Beitrag zur
Gestaltung Europas und der Welt leisten will.
- Die Grünen regieren heute zusammen mit der SPD
unter Kanzler Schröder die Bundesrepublik und drei Bundesländer. Sie
sind kein einfacher Partner für die SPD, verändern aber auch zunehmend
ihre fundamentalistischen[7]
Positionen.
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Die DDR muss sich öffnen
- Bundeskanzler Kohl hatte die Hoffnung auf die
Wiedervereinigung Deutschlands nicht aufgegeben. Denn die Menschen in
der Bundesrepublik wie in der kommunistischen DDR waren Deutsche mit
einer gemeinsamen Vergangenheit. Viele Westdeutsche jedoch, besonders in
der SPD, glaubten nicht mehr an eine Wiedervereinigung.
- Ungeachtet dessen nutzte Kohl die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten der DDR aus. Die Bundesrepublik gab der
DDR immer wieder hohe Geldbeträge. Dafür ließ diese mehr Ostdeutsche
nach Westdeutschland ausreisen, um ihre Verwandten zu besuchen oder auch
um dort zu bleiben. Auch konnte man in vielen Gegenden Ostdeutschlands
die westdeutschen Radio- und Fernsehsendungen empfangen. Dadurch lernten
die Ostdeutschen nach und nach den Westen und die dortigen besseren
Lebensverhältnisse kennen. So nahm der Wunsch nach Freiheit in der DDR
immer mehr zu.
- Die DDR blieb zwar weiterhin von Russland
abhängig, aber dort kam 1985 Gorbatschow an die Macht. Er begann
Reformen, die er „Perestroika“, Umbau, nannte. Dadurch sollte der
Kommunismus moderner und leistungsfähiger werden. Gewollt oder ungewollt
brachte diese Politik den Menschen mehr Freiheiten.
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Krise der DDR
- Immer mehr Ostdeutsche wünschten, die DDR
verlassen zu dürfen. Da entstand im Sommer 1989 ein „Loch“. Die
ungarische Regierung ließ Ostdeutsche ungehindert über Österreich in den
Westen ausreisen. So verließen bald Tausende von Ostdeutschen über
Ungarn (und bald auch über die CSSR und Polen) die DDR in Richtung
Westen.
- In der DDR wurde der Wunsch nach Freiheit
stärker. In vielen Städten demonstrierten im Herbst wiederholt bis zu
300.000 Menschen für mehr Freiheit und freie Wahlen. Die DDR-Regierung
musste nachgeben. Am 9. 11. 1989 fiel die Mauer in Berlin. Jubelnd
umarmten sich West- und Ostdeutsche. Die DDR begann sich aufzulösen.
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Die Wiedervereinigung
- Es gab jedoch Staaten, die gegen eine
Wiedervereinigung Deutschlands waren. Sie fürchteten, ein neues großes
Deutschland könnte wieder den Frieden stören. Da erreichte Bundeskanzler
Kohl durch geschickte Verhandlungen, dass sowohl die USA unter Präsident
Bush wie auch Russland durch Gorbatschow ihre Zustimmung zur
Wiedervereinigung Deutschlands gaben. Wahrscheinlich war Russland nur
damals einen Augenblick lang bereit, Ostdeutschland an den Westen und
die NATO abzugeben. Diesen Augenblick nutzte Kohl. Deshalb sind die
Deutschen Gorbatschow heute sehr dankbar. Neben ihm verdanken sie
Bundeskanzler Kohl und Präsident Bush ihre Wiedervereinigung.
- Am 3. 10. 1990, seitdem der „Tag der deutschen
Einheit“, schlossen sich die Bundesrepublik und die DDR zur neuen
größeren Bundesrepublik zusammen. Die DDR verschwand.
- Die Wiedervereinigung Deutschlands durch den
Sturz des Kommunismus in der DDR, meist als „Wende“ bezeichnet, war eine
Revolution. Trotzdem verlief sie völlig unblutig. Sie war deshalb für
alle Deutschen ein Wunder. Wunder können jedoch nicht Menschen machen,
sondern nur Gott. Nur wenige Deutsche aber sind Gott für dieses Wunder
dankbar.
- Keiner wird einem undankbaren Menschen immer
wieder etwas schenken. So wird auch Gott gewiss nicht einem undankbaren
Volk immer wieder helfen und es beschenken.
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- [1]
bürgerlich: den gesellschaftlichen Normen entsprechend (konservativ)
- [2]
liberal: so, dass sie persönliche Freiheiten des Menschen kaum
einschränken. Der politische Liberalismus hält es für gut, wenn sich der
Einzelne in der Politik und in der Gesellschaft frei entfalten kann.
- [3]
der Intellektuelle: jmd., der augrund seiner (meist akademischen)
Ausbildung dazu fähig ist, eine eigene und kritische Meinung besonders
zu politischen Problemen zu haben (ohne sich von Gefühlen leiten zu
lassen)
- [4]
die Inflation: eine wirtschaftliche Situation, die durch Preiserhöhungen
und eine Minderung des Geldwerts gekennzeichnet ist
- [5]
erbittert: (hier) sehr heftig, sehr intensiv
- [6]
der Pazifismus: die Überzeugung, dass Gewalt und Kriege unbedingt
vermieden werden müssen
- [7]
der Fundamentalismus: eine Bewegung, die fordert, dass sich ihre
Anhänger exakt an den ursprünglichen Inhalt einer religiösen oder
politischen Lehrer halten